Geek-Korea

Über Hierachie und Nerds

Seoul, Bongeunsa Tempel

Das Land der Techies und Computer Geeks, ein Land voller Nerds, die mehr in der digitalen als der realen Welt zu leben scheinen. Klar, heute kann man fast überall auf der Welt das gleiche Spiel in öffentlichen Verkehrsmitteln beobachten. Wer nicht schläft, ist mit seinem Smartphone beschäftigt. Es hat schon fast autistische Züge, wie ferngesteuert die Menschen an der Matrix hängen. Südkorea ist da nicht anders, im Gegenteil, mit ihren kleinen Gesichtern und den gerne großen Brillen wirken sie wie Lemminge am Tropf der bunten Bilder- und Spielewelt. Südkoreanische E-Gamer sind Nationalhelden und trainieren täglich bis zu 9 Stunden. Die nationalen E-Game Ligaspiele sind besucht, wie in Deutschland Fußballstadien. Mit dem ganzen Strauß an Emotionen eines Kicks: Ekstase, Jubel, Flüche, Tränen.

 

Südkorea ist das vermutlich sicherste Reiseland der Welt. Man könnte seinen Geldbeutel auf dem Restauranttisch liegen lassen, auf Toilette gehen und wieder zurück, wäre alles noch an seinem Platz. Es ist viel Konjunktiv, aber der ist in Stein gemeißelt. Und obwohl alles auf höchsten Standards funktioniert, ist Südkorea kein einfaches Reiseziel. Selbst in Seoul sprechen die meisten Koreaner kein Englisch. Online ja, aber Englisch nein. Seoul, ein Name wie ein Versprechen, fremd aber doch spannend. Leider ist die Hauptstadt dafür erstaunlich gesichtslos. Kein echtes Zentrum, kein echter Kern. Hügelig und grün zwar, aber ohne Attraktion. Die Stadtteile gleichen sich und so verliert man sich im gesichtslosen Betonchaos dieser Stadt.

 

Es ist eine geschlossene Hierarchie Gesellschaft. Die Älteren werden respektiert. Immer. Ob sie recht haben oder nicht. Überall im täglichen Leben, aber auch auf dem Fußballplatz. Den Ball bekommt der Älteste, der Jüngere hat ihn dem Älteren zu spielen. Genau so funktioniert diese Gesellschaft. Angenehm für die alten Säcke, man muss sich nicht bedroht fühlen. Der junge, starke Löwe wird dem Alten seine Pfründe nicht streitig machen, aber dadurch entsteht auch eine gewisse Starre und Unbeweglichkeit der Gesellschaft.

 

Das Highlight der Ironie sind Demonstrationen. Zumindest für den Wutbürger-gewohnten Krawallmodus, der in den europäischen Polit-Diskurs wie Gift eingesickert ist. Man sollte sich Südkorea zum Vorbild nehmen. Auf der einen Straßenseite wird wie im Orchester sortiert eine Parole gerufen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite dreht die Gegenpartei just in dem Moment die Musikanlage als Gegenbeschallung auf. Dann geht es andersherum. Es wird nicht gepöbelt. Keine Aggressionen. Es ist ein inszeniertes Spiel mit strikten Regeln. Das hat schon was von Loriot.


Aber Komik und Tragik liegen eng zusammen. Seoul ist gerade mal 35 km von der Grenze zu Nordkorea entfernt. Eine Fahrt zur Grenze macht nachdenklich, man fährt vorbei an Wohnsilos in den Ausläufern von Seoul bis die Autobahn leerer und leerer wird. Links und rechts ist die Autobahn von hohen Zäunen und Wachtürmen abgeschottet. Man kommt sich vor wie in einem Käfig. Checkpoints, Straßensperren und dann ist man an der DMZ.

Demilitarisierte Zone Panmunjeon Nordkorea/ Südkorea

 

Eine demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea. Niemandsland, aber auch südkoreanisches Pflichtprogramm und Disneyland. Buse-weise werden Schüler, Rentner und Touristen angekarrt, um durch Ferngläser den Norden, das meisten abgeschottete Land der Welt, zu beobachten. Der Norden beschallt den Süden mit Propaganda und andersrum. Unwirklich und bizarr. Riesige Lautsprecher plärren auf beiden Seiten der DMZ. In wie weit eine Annäherung des geteilten Landes wirklich realisierbar sein wird, scheint fraglich. Zwar gibt es eine Verbindung per Bahn, aber die Stationen sind verwaist, und führen durch vermintes Land.

Letzte Bahnhof vor Nordkorea

 

 

 

 

 

 

 

 

Budapest oder Bukarest -egal, Hauptsache Rumänien.

 

„I love Budapest.“ 3 Worte, die Bukarest wohl am besten beschreiben. 3 Worte gesprochen, von keinem Geringerem als dem Größten aller Zeiten, dem King of Pop. Als Michael Jackson 1996 auf dem Balkon des Parlamentspalasts in Bukarest vor Tausenden von Fans auf dem Balkon erscheint, sagt er einfach nur: „ I love Budapest.“


Blick vom Balkon des Parlamentpalasts in Bukarest

Zugegeben als Weltstar auf Tour kann man schon mal durch den Tüddel kommen, bei all den Ländern, Städten und Konzerten in kürzester Zeit, einem Leben aus dem Koffer permanent auf der Überholspur. Nichtsdestotrotz ist dieser Freudsche Versprecher geradezu sinnbildlich für eine vergessene Stadt. Touristenmassen wälzen sich an der Donau durch Buda und bestaunen Pest. Bukarest ist daneben der unscheinbare Namensvetter mit Sprachfehler. Dabei ist es eigentlich Bukarest, welches einem die Sprache verschlägt. In seinen dunklen Nebenstrassen spürt man noch immer diesen trostlosen, kalten Atem des ehemaligen Ostblocks. Wohnsilos mit dreckigen, grauschwarzen Fassaden, an denen Satellitenschüsseln kleben um ein Stück westlichen Kommerz ins triste Wohnzimmer flimmern zu lassen. Es lässt einen erahnen, wie diese Stadt und dieses Land leiden musste. Nicht nur unter kommunistischer Planwirtschaft, sondern vor allem unter ihrem Diktator Nicolae Ceausescu.


Einem Mann, der an Größenwahn litt. Das Haus des Volkes, in dem heute in einem kleinen Teil das Parlament sitzt ist eines der flächenmäßig größten Gebäude der Welt. Der Parlamentspalast spiegelt den Irrsinn eines Diktator und seiner Frau wieder. Als einfacher Bauernsohn hat sich Nicolae an die Spitze Rumäniens schlawinert. Dazu eine Frau, ebenfalls aus einfachsten Verhältnissen, Schulabbruch mit 14 Jahren, die sich als Chemieprofessorin gerierte. Bei internationalen Treffen mit den Chemie-Koryphäen weltweit, waren die rumänischen Übersetzer angehalten nicht das gesprochene Wort von Elena Ceasescu zu übersetzen, sondern fundiertes akademisches Wissen. Sprich, Sie hat auf Rumänisch irgendwas gesagt, „übersetzt“ wurde Fachwissen. Man muss schon fast Lachen, ob dieser Dreistigkeit, und dennoch lässt die heute größte Attraktion der Stadt den Besucher neben solcher Anekdoten nur fassungslos den Kopf schütteln.


 

Separate Treppenaufgänge für Nicaloe und seine Elena bei Staatsbesuchen. Ein Raum nur für die besondere Akustik, in dem Fernsehansprachen und Applaus aufgezeichnet worden sind. Ein Monument auf einem aufgeschütteten Hügel, das förmlich über Bukarest thront. Draußen leidet das Volk, drinnen glänzt der Marmor. Nach einer Tour durch diesen wahnwitzigen Bau, hat man kaum noch Mitleid mit dem Ende der Ceausescus, 1989 erschossen wie 2 räudige Hunde in einem Hinterhof, noch heute makaber auf youtube zu sehen.


So läuft man durch diese Stadt, einer Hauptstadt welche langsam zu blühen beginnt. Fast vergessen, vernachlässigt, keine klassische Schönheit. Eine Stadt mit Narben, die noch sichtbar sind, sie aber nicht entstellen. Bukarest lebt, eine traurige Schönheit mit morbidem Charme. I love Bukarest.

San Copacabastian


Ein erster, flüchtiger Blick von oben. Ja, es könnte Rio de Janeiro sein. Zwei Buchten, drei Traumstrände vor grünen Hängen. Es bleibt aber beim Konjunktiv. In San steckt wenig Rio. Wenigstens ist es ein Postkartenidyll am Atlantik.

In den engen Gassen der Altstadt trubelt das Leben vor den unzähligen Pintxos Bars so vor sich hin. Tourist oder Local, man steht draußen, isst, trinkt, raucht und palavert. Typisch Spanien eben, dieser Flow nimmt den Gast schnell mit. Die Frauen krächzen ihr Spanisch, alles und jeder ist hombre oder tío. Laut, chaotisch, aber sympathisch herzlich.

Vorne die Strandpromenade von La concha ragt mondän empor, geradezu altehrwürdig. Prachtbauten, die wie stumme Zeitzeugen Ebbe und Flut an sich abperlen lassen. Wer vorne wohnt, hat unverbaubaren Meerblick. Jeden Tag. Und einen hervorragenden Blick auf die Touristen, und das sind eindeutig zu viele, um Donostia San Sebastian als Geheimtipp anpreisen zu können.

Barcelona ist cool, Madrid ist königlich und San Sebastian irgendwo dazwischen, das zieht. Mildes Klima, frische Brise und viel Auslauf am Strand, da schaltet jeder einen Gang zurück. Am Playa Zurriola schiebt es den Swell perfekt über die Sandbänke. Das Surfboard gehört im Baskenland zum festen Stadtbild.

Einer Stadt, die immer ein bisschen unter dem Radar fliegt. Es fehlen die großen Attraktionen. Klar, es gibt das Casino oder den Kursaal, der komischerweise wirklich so heißt, aber das sind nun nicht gerade die internationalen must-see destinations auf der bucket list eines Weltbummlers.

Gerade mal 200.000 Einwohner, erstaunlich entspannte Verkehrslage , dazu immer salzige Luft im Gesicht. San Sebastian ist wohl mehr ein Zwischenstopp auf den meisten Reiseagendas, aber einer, der sich lohnt.

Belgrad Babes

Eine Stadt wie ein Schlag ins Gesicht. Roh und brutal wirken die grau-braunen Wohnbunker entlang der Einfallsstraße vom Flughafen. Wie jedes osteuropäische Land sieht man auch hier noch immer die herbe Naht zwischen kommunistischem Zweckbau und modernem westlichen Baustil.


Ein Kontrast, der verstörend wirkt, aber auch faszinierend. Belgrad liegt wie eine Prinzessin zwischen Save und Donau, aber die Schönheit läuft hier eigentlich auf der Straße.

Local beauty

Belgrad Babes auf High Heels balancieren extrem geschickt über die Kopfsteinpflaster und werten die alten Fassaden deutlich auf. Es ist das immer gleiche Phänomen des ehemaligen Ostblocks. Die Städte wirken gerne grau und abstoßend, aber das Stöckelwild ist von beneidenswerter Fraulichkeit. Ungeschminkt oder ohne Pumps geht die Dame hier nicht mal kurz zum Bäcker.

Save Mündung

Belgrad ist eine Stadt im Kommen. Die Flussmündungen von Donau und Save beruhigen das Gemüt, ja sie streicheln förmlich die Seele. Man spürt die Lebenslust der jungen Serben, hungrig nach dem wilden Leben.

Belgrad, Du bist wie eine Versuchung. Ein Flirt, der einem den Verstand raubt und Einen betäubt zurücklässt, aber mit dem Gefühl etwas erlebt zu haben.

Lyon, ma toute petite belle

Grande petite soeur!

 

Lyon wirkt unaufgeregt. Aber es hat dasselbe Flair wie Paris. Die kleine Schwester eben, auch wenn sie eigentlich sehr groß ist. Rhone und Saone entschleunigen die zweitgrößte Metropolregion Frankreichs erfolgreich und verliehen ihr zugleich einen angenehmen, geradezu mediterranen Zeitgeist.

Only Lyon ist der Hashtag zum Lebensgefühl. Hausboote, Restaurantboote oder Flussfahrtsboote Lyon gelingt dieser Spagat mühelos. Alles friedlich neben- und irgendwie auch miteinander. Eine alteingesessene Stadt mit engen, kleinen, verwinkelten Gassen. Hinterhofgängen, die durch Hinterhöfe führen (Les Traboules) und dann tauchen plötzlich unfassbar futuristische Neubauten auf. Die alten Docks reloaded und urban gemacht.

Les Traboules de Lyon

Lyon Confluence

Als hätte die Stadt verstanden, dass alte Mauern ihren Charme haben, aber nur wer die Zeichen der Zeit versteht und mit ihr geht, wird auch in Zukunft Erfolg haben. Auch die Infrastruktur ist up-to–date. Eine Stadt, die rollt. Auf eigenen Wegen. Fahrrad, Tretroller, E-Roller, Longboard, Inline Skates – so bewegt sich der Lyonais fort.

Bike lanes along the Saone

 

Les Terrasses de Lyon

Überhaupt ihre Menschen sind interessant. Nicht ganz so elegant wie Paris, aber doch stilvoll. Und wer nicht gerade rollt, der schlendert. Eile scheint für Paris vorgesehen, aber nicht so sehr für Lyon. Das macht den Besuch so reizvoll. Die Stadt, eine unterschätzte Unbekannte, fernab der Touristenmassen heutiger Großstädte. Das Leben pulsiert ruhig, aber intensiv. Lyon, ma grande petite soeur. Du bist eine Schönheit, die schnell verzaubert.


Jaa-manaika

„Jaa maan!“ – die zwei wichtigsten, jamaikanischen Vokabeln. Begrüßung, Antwort und Verabschiedung. Alles ist „jaa man“. Mehr braucht es auf dieser karibischen Insel eigentlich nicht. Naja, vielleicht noch ein bisschen Ganja, permanent an jeder Ecke angeboten. Jamaika ist mehr ein Gefühl, als ein Reiseziel.


Rastafaraika wäre der passendere Name. Bob Marley wird auf dieser Insel immer lebendig sein, ein Klischee zwar, aber treffend. Rastafari ist überall. Das Leben geht langsam, sehr laaangsam. Dope ist nun ja auch nicht gerade bekannt dafür, Usain Bolteske Handlungsschnelle an den Tag zu legen. Überhaupt, es scheint niemand auf Jamaika Stress zu haben. Man hängt rum und wartet. Auf was, erschließt sich dem Besucher nicht immer. Aber wenn schon nichts zu tun ist, bloß nicht hektisch werden.


Das vermittelt eine entspannte Atmosphäre, aber Armut und Perspektivlosigkeit machen gerne antriebsschwach. Nur wenn der träge Rastafari einen Touristen erblickt, kommt schnell Bewegung in die Sache. Jeder ist Künstler, und hat immer eigene CDs, Ketten, Armbänder oder Ganja for sale. Für Europäer kann die Distanzlosigkeit anstrengend und irritierend sein. Denn man bekommt diese CDs, Ketten und Armbänder immer dann angeboten, wenn man sie garantiert nicht braucht. Wenn ich nach einer Surfsession, nur mit Boardshorts gekleidet und Surfboard unter dem Arm am Strand aus dem Wasser komme, brauche ich mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit gerade keine CD, Kette od. Armband. Timing ist alles, aber auf Jamaika eher nicht.


Jamaikas Versprechen ist eben unkonventionell. In bunten Bretterbuden, die förmlich an den grünen Hängen der Insel kleben, spielt sich das Leben ab. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob man Nachbar hat oder nicht. Ob 23 Uhr abends oder 10 Uhr morgens, Musik läuft immer im roten Dezibelbereich. Selbst mit Gebärdensprache wäre es unmöglich sich zu verständigen weil die Lautstärke einen förmlich vom Boden fegt. Die Bretterbude zittert, egal. Man muss hören können, wie viel Bumms die Anlage hat.  Eine Insel, ohne Allüren. Jamaika macht seine unverfälschte Kulisse aus. Grün und satt beruhigt die Fauna das Auge. Keine Hotels, keine Menschenmaßen.


Port Antonio Downtown

Es hat viel Erol Flynn Romantik, gerade um Port Antonio herum. Auch wenn Port Antonio selbst kein Postkartenidyll ist. Klein, dreckig, arm – der immer gleiche Dreiklang einer typischen Dritte Welt Stadt.


Long Bay, Jamaica

Long Bay, ein langer weißer Sandstrand. Menschenleer, kristallklares Wasser und die nächste Parkuhr ist Tausende Kilometer entfernt. Das ist Entschleunigender als jeder Wellness Tempel Deutschlands. Die Natur gibt den Rhythmus hier vor. Und Bob Marley, natürlich. Der berühmteste Sohn der Insel, noch heute Volksheld ist die Stimme des Karibikstaates. Ohne Bob hätte Jamaika vermutlich nie einen Platz auf der Weltkarte bekommen. Der Kult um Marley zieht noch heute magisch.

„Ja maan, Bob.“