Mada-Sadness

Es ist eines der ärmsten Länder der Welt: Madagaskar. Dazu ausgestattet mit dem wohl umständlichsten Hauptstadtnamen: Antananarivo. Kein Zungenbrecher, sondern eher ein Zungenstotterer. Kein Wunder nennen Anta-na-na-rivo alle nur liebevoll Tana.

Antananarivo

Tana ist das was eine afrikanische Stadt verspricht. Laut, dreckig, trubelig und bunt. Unkonventionell ist das Leben und die Art der Menschen. Der Markt im Zentrum ist ein stickiges Labyrinth von Gassen, Planen und Ständen. Vom Bleistift bis zum fauligen Obst, was es hier nicht gibt, gibt es nirgendwo auf der Insel zu kaufen.

Markt in Tana

 

Im Herzen liegt der Lac Anosy, der sich locker zu Fuß umrunden lässt. Leider ist es mehr Kloake und Toilette der Ärmsten der Armen.

 

Es gibt noch ein Piratenmuseum und einen Präsidentenpalast, aber Tana lohnt keinen längeren Aufenthalt. Wer Madagaskar erleben möchte, braucht vor allem Zeit und Nerven. Die Strecken sind unfassbar weit und der Zustand der Straßen, wenn es denn welche gibt, unterirdisch. Besser gut geflogen, als schlecht gefahren.

 

Der Süden von Madagaskar bietet unberührte Natur. Einfache Hütten am Strand. Kein fließend Wasser und selten Elektrizität. So fühlt sich Robinson Crusoe an. Kein Luxus, kaum Touristen und der Rest der Welt ist, gefühlt, Tausende Kilometer entfernt.

 

Die Menschen leben hier unten im Südwesten bei Toliara vom Fischfang. Hunderte Einbaum-Boote paddeln in der Lagune oder vor den Riffen. Gefischt wird mit Taucherbrille und Harpune vom Boot aus. Was romantisch aussieht ist täglicher Überlebenskampf.

Sunset Anakao

Madagaskar, diese große Insel im Indischen Ozean, die sich förmlich unterhalb des afrikanischen Kontinents weg duckt. Berühmt für seine Affenbrotbäume und schwarz-weiß gestreiften Lemuren.

 

 

Wer hier alleine reist, dem es kann durchaus passieren keinen anderen Weißen zu treffen. Schönes, armes Mädchen Madagaskar, Du Perle im Indischen Ozean.

 

 

Tai-Wahnsinn

Was weiß man schon über Taiwan, außer made in Taiwan? Nicht viel, denn man hört auch sonst nicht viel über dieses Land. Im globalen Polit-Geplänkel hält sich die kleine Insel vornehm zurück. Mit dem großen Bruder China will und kann man es sich ohnehin nicht verscherzen, besser man hält also die Klappe.

Verlassene Villa, direkt am Beach

Es ist eine wunderschöne, sehr grüne Insel. Ilha Formosa – haben sie nicht umsonst die Portugiesen getauft, welche als erste Europäer hier ankamen. Die Schönheit und Klarheit Taiwans hat sich glücklicherweise noch nicht rum gesprochen. Es gibt Touristenströme, aber die bestehen – wenn überhaupt zu chinesischen Feiertagen- aus Festlandchinesen. Europäer sieht man wenige. Asien ist voll mit europäischen Backpackern, den Tai-Wahnsinn gibt es nicht. Das verwirrt geradezu, ist es doch so eine schillernde Perle dieses Taiwan. Alleine der klangvolle Name ist die Reise schon wert.

Surf’s up in Kenting

Taiwan ist kein billiges Reiseland, vielleicht hält das den Budget-bewussten Asienbackpacker fern, aber es gewährt dafür einen ungestörteren Blick auf Land und Leute. Einsame Traumstrände ziehen sich entlang der gesamten Küstenlinie.

 

Außerhalb des Ballungsraumes Taipeh wird es extrem schnell ländlich und ruhig. Wie ausgestorben können da bereits sehr früh am Abend die Ortschaften wirken.

Totes Höschen in Taiwan

Der Partylöwe wird in Taiwan eher zum Pantoffelheld des heimischen Sofas. Taiwan ist keine Party Destination, nicht mal in Taipeh. Man geht abends auf Märkte, auf denen es vom Spielzeug bis zum gegrillten Skorpion am Spieß alles zu kaufen gibt.

Taipeh 101 Top view

 

Taiwan trägt zwar diesen exotischen Name, aber mit asiatischer Exotik hat Taiwan nicht viel am Hut. Taiwan ist nett, aber zu angepasst, um als interessantes Land herauszustechen. „Nett“ gilt gerne als der große Wort-Bruder von „scheiße“, aber das trifft es bei Taiwan auch nicht. Vielleich ist Taiwan zu glatt, um als spannend gelten zu können. Zu unspektakulär, um als Top Reisetipp zu gelten.

Taipeh downtown

Aber diese negativen Konnotationen lassen den Inselstaat andererseits wieder schlechter als gewollt da stehen. Bottom line gilt: es ist ein Land für Outdoor Freaks, die sich in einem sicheren Umfeld bei sensationell leckerem Essen vor grüner Kulisse und kristallklarem Wasser Outdoor vergnügen wollen. Punkt.

 

 

Italbanien

Ich stehe am Check-in für den Austrian Airlines Flug Wien nach Tirana und schaue mich um. Die Haare werden bei den Herren dunkler, die Köpfe quadratischer und bei den Damen die Röcke kürzer. Richtig, es geht Richtung Osten bzw. auf den Balkan.

 

Landeanflug auf Tirana. Ich verrenke mir den Hals auf Sitzplatz 17 D. Erstaunlich hügelig eingebettet liegt Tirana. Die Hügel mit einem bizarren herbstlichen Rotstich. Landung zwischen grünen Wiesen und halbfertigen Bauten, dafür mit kleinem, charmantem Flughafen. Ein einsames neues Gebäude, man geht zu Fuß übers Vorfeld. Kurzes Nicken, Stempel, willkommen in Albanien.

Flughafen Néné Tereza, Tirana

So weit so gut. Nächster Schritt: Geldwechsel. Erster Schalter, obwohl besetzt sagt man mir er sei geschlossen. Die Zweite von insgesamt zwei Airport Wechselstuben ist ebenfalls besetzt und offen, aber der Angestellte rät mir eindringlich hier kein Geld zu wechseln wegen des miserablen Kurses?!! Ich dachte die kommunistische Denke gebe es nicht mehr. Ich gehe zum Geldautomaten, und bekomme ohne Warnung statt Lekis Euros. Mit saftiger Provision. Hier ist der Kapitalismus also voll angekommen. Flughafen Mutter Theresa von seiner gütigen und barmherzigen Seite. Ich will diese Euros trotz miesem Kurs in Lekis wechseln, jetzt sagt mir der Angestellte er habe nun geschlossen. Sorry.

Skanderbeg Platz, Zentrum Tirana

Ohne zu zucken nimmt der Busfahrer Euros und wechselt in Lekis. Geht doch! Die einspurige Landstraße Richtung Zentrum Tirana wird konsequent dreispurig genutzt. Vornehmlich von alten Mercedes der 90ger Jahre. Albanien hat einen Mercedes Fetisch.

Der Stern ist mehr als nur Statussymbol. Fast 50% aller Fahrzeuge sind Mercedes, Ersatzteile bekommt man selbst im tiefsten albanischen Outback. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks kamen viele Automarken, aber vor allem Mercedes hat die teils halsbrecherischen Schlaglöcher Albaniens überlebt. Das hat beeindruckt. Bis heute.

Abgehalfterte Fassade Tirana

Albanien zeigt nicht diese kommunistische Härte in seinen Bauten und Plätzen wie der restliche Balkan. Natürlich haben viele Gebäude diesen trostlosen, brutalen Betonismus, aber gerade Tirana arbeitet nicht gegen die Vergangenheit, sondern bindet sie mit ein.

 

Neue, hippe Cafés und Bars werden kreativ in alte Gebäude gesetzt und sorgen so für einen einzigartigen Charme wie das Artigiano.

Artigiano, Mustafa Matohiti Rd.

Albanien ist eine junge Gesellschaft. Tirana virbirert, ohne aufgeregt zu sein. Mildes, mediterranes Flair. Palmen am Straßenrand. „Italbanien“ strahlt Gelassenheit aus und lebt umwerfende Gastfreundlichkeit.

 

Ein international unauffälliges Land mit kuriosen Bauten. Die Pyramide von Tirana, einst zu Ehren von Staatsführer Enver Hoxha gebaut. Heute Bauruine, Aussichtspunkt und Parkur-Kulisse der Tiraner Jugend.

Blick von Pyramide Tirana

 

Steiler Aufstieg, aber machbar

Ebenfalls eigenartig der Platz der berühmtesten Persönlichkeit: Mutter Theresa. Einmal das große Nichts, aber er passt zum Leben von Néné. Bescheiden, unaufgeregt und doch schillernd.

Mutter Theresa Platz

Beim Zug durch Tirana spült es mich ins alte Stadiumi Selaman Stermasi. Zweite albanische Fußballliga. Keine leichte Kost. Vor 158 Fans vom KF Tirana. Gast Fans von Apolonia Fier – Fehlanzeige. Gefühlt für jeden Stadionbesucher ein Polizist. Der Platz ein besserer Acker. 2:0 Heimsieg.

KF Tirana Ultras

Die 80 Tirana Ultras feiern 90 Minuten durch. Es riecht nach Pisse und unter den Schuhen knirschen Pistazienkernschalen. Mehr als die 300 Leki (umgerechnet ca. 2 €) Eintritt ist das Gerumpel definitiv nicht wert.

 

Albanien ist eine stille Nation. Wenig Krawall, keine Show. Man macht einfach und marschiert so stetig nach vorne. Eine Gesellschaft im Aufbruch und Aufschwung.

 

Is-real?

 

Ist es echt dieses Land? Israel ist ein Land der zwei Gesichter. Am deutlichsten wird dieser Kontrast anhand seiner beiden Großstädte. Hier das tief religiöse Jerusalem. Wiege von 3 Weltreligionen. Altehrwürdiger, heller Stein verleiht Jerusalem einen erhabenen Glanz.

Via Dolorosa, Jerusalem

Still und demütig im Auftritt die Via Dolorosa….. Jerusalem lässt den Besucher inne halten. Beeindruckend ist es an der Klagemauer zu stehen, und die sich in Trance wiegenden Orthodoxen beim Gebet zu beobachten. Ist es das Wissen um Gottes Nähe oder Auto-Suggestion?  Man meint förmlich göttlichen Atem zu spüren.

Klagemauer Jerusalem

 

Jerusalem wirkt fast ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Das moderne Stadtzentrum will nicht zu Tempelberg und Altstadt passen. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich Jerusalem zu Lebzeiten Christi vorzustellen. Kopfsteinpflaster, Pferdegespanne, enge Gassen, fliegende Händler. Jerusalem ist alles und nichts. Ein Methusalem.

 

Tel Aviv dagegen– ein Name wie ein Geschoss. Eine Traumstadt am Mittelmeer. Ein bisschen Berlin mit Strandfeeling, leider mit New Yorker Mietspiegel. Das junge Tel Aviv atmet den Strand ein und das Leben aus. Tel Aktiv macht einfach Spaß. Der endlose Strand gibt das Lebensgefühl vor. Man lebt draußen. Joggt, skatet und macht Work out.

Tel Aviv, die Metropole am Mittelmeer

Das Leben könnte so leicht sein, ist es aber nicht. Terroranschläge und Hisbollah haben das Land nervös gemacht. Es ist nicht ungewöhnlich blutjunge israelische Soldaten oder Soldatinnen mit Maschinengewehren im Stadtbus zu sehen. Spontane, flexible Check-points an Bahnhöfen, bei denen jeder Passant sich filzen lassen muss gehören zum Alltag. Diese sehr westliche Stadt mit seinem jungen, hungrigen Partyvolk gehört in eine Riege der weltweit schönsten Städte wie Rio de Janeiro, Sydney oder Vancouver.

 

Israel bietet dem Gast verstörende Schönheit und komplexe Geschichte . Fremde, mitunter auch befremdliche, Sitten und Rituale der ultra-orthodoxen Juden, weltoffenes Großstadtflair mit knackigen Preisen, Beach-Bum Lifestyle, sprachlos machende Natur aber eben auch Konflikte und Terror. In Israel liegt die Welt mit all ihren Facetten wie unter einem Brennglas, welches alles fokussiert. Tür an Tür mit dem täglichen Wahnsinn unserer Zeit. Das macht Israel spannend, beängstigend und faszinierend  zu gleich.

TIA – Senegal.

 

TIA. „This is Africa.“ Der Senegal ist sehr viel Afrika. Und Afrika ist bekanntlich schwarz. Pechschwarz. Vor allem wenn man nachts in Dakar landet, was gerne bei zweitklassigen Reisezielen der Fall ist. Ich bin weiß. Kaukasier, wie man im Beamten-Sprech sagen würde. Selbst wenn ich es nicht will, falle ich hier auf. Wie ein Rockstar, der unerkannt nicht mal Bummeln gehen kann. Nur ist das Rockstar mäßige Nicht-Auffallen-Wollen die coolere Variante. Die wenigen Kaukasier verlieren sich nach Einreise und Gepäckband. Jetzt ist man allein.

Aus dem Flughafengebäude raus geht man einen langen vergitterten Gang. Beäugt von Hunderten Senegalesen. Im Dunkel sieht man manchmal nur die Zähne und hört ihre Rufe. Es ist ein Raubtierkäfig. Man fühlt sich wie ein Lamm, welches zur Schlachtbank geführt wird. Am Ende des Gittertunnels wartet der Dschungel. Die pechschwarze Nacht von Dakar. Fressen oder gefressen werden. Was bei Nacht bedrohlich wirken kann, ist bei Tageslicht das ganz normale Leben in Afrika. Bienvenue au Senegal.

 

Traumhafte Lage am Cap Vert, wäre da nicht das immer wieder kehrende Problem Dritter Welt Länder: Müll. Im „Müll-egal“ liegt er überall. Klar, wer ums Überleben kämpft sorgt sich nicht um die korrekte Entsorgung seiner Plastikflasche, aber es ist schon auffällig, wie sorg- und respektlos mit der Natur umgegangen wird.

 

Erntet man in Deutschland todbringende Blicke für jeden aus Versehen verlorenen Papierfetzen, ist es im Müll-egal völlig Wurscht. Das Land ist definitiv nicht für Reise-Novizen oder Greenpeace Aktivisten geeignet, der Blutdruck wäre ernsthaft in Gefahr.

Panorama von Dakar
Monument de la renaissance africaine, Dakar

Aber all das mal beiseite ist der Senegal eine schillernde Persönlichkeit. Seit die Rallye Paris -Dakar hier nicht mehr endet, nur vom internationalen Radar verschwunden. Es gibt ein paar Sehenswürdigkeiten, die diesen Namen nicht wirklich verdienen. Afrika ist aber auch kein Kontinent für Sehenswürdigkeiten wie Europa zum Beispiel. Afrika ist mehr ein Farbenspiel. Glasklares Wasser, weiße Sandstrände und in der Abenddämmerung durchtrainierte Senegalesen beim Work-out.

 

 

Plage Ngor

La Plage de Ngor ist das Venice Beach Afrikas. Squats, Sit-ups, Push-ups kein Fitness-Studio Schnickschnack mit Vanilla Flavoured Power Boost Protein Shakes, sondern Schweiß und ehrliches Training. Lutte traditionelle ist Senegals Sport. Ringen. Mann gegen Mann. Dafür trainiert man hier jeden Abend mit teilweise sehr eigenwilligen Übungen. Daneben und zwischendrin spielt die Strandjugend hitzig Fußball. Die Lethargie des Tages weicht immer erst mit der Abenddämmerung, wenn die große Hitze vorbei ist. TIA. Auch das ist Afrika.

Le virage, Dakar

Lethargie, Antriebslosigkeit und Gleichgültigkeit. Als hätte man sich seinem Schicksal ergeben. Einzig die paar wenigen Touristen versprechen ein bisschen Business. Hartnäckig wird man zum Schnäppchenkauf des Jahrhunderts angebastelt. Kann nerven, muss es aber nicht. TIA.

This is Africa.