Eisblaue Augen, strohblonde Haare und Outdoor Mentalität – das sind die gängigsten Attribute Finnlands. Und sie stimmen. Eines der nördlichsten Länder der Welt, das klingt schon nach sehr kalt, kein Wunder ist es eines der am dünnsten besiedelten Länder Europas. Wer friert schon gerne? Gerade mal 16 Einwohner pro km² (zum Vergleich: Deutschland quetscht 231 Einwohnern auf den km²) machen das deutlich. Eng wird es selten, aber der Kuschelig-Faktor ist hoch.

Helsinki hat die Größe von Stuttgart, mit rund 600.000 Einwohnern. Wären die Finnen nicht notorische Schweiger, man könnte glauben hier kennt sich jeder. Alles ist in einem Radius von ca. 40 Minuten Fußweg in Helsinki zu erreichen. Einmal vom einen Ende der Stadt zum Anderen. Per Bahn sind die 3 Fixpunkte Flughafen-Innenstadt-Meer in 30 Minuten erreicht. Das steht doch mal für eine sehr gesunde Lebensqualität und ausgewogene Work-Life Balance.

Helsinki ist sehr energetisch, unprätentiös und herrlich unedel. Man fühlt sich sofort wie zu Hause. Im Gegensatz zu seinen skandinavischen Nachbarn Schweden und Norwegen ist Finnland ein bisschen anders gestrickt. Finnisch hat gegenüber der landläufigen Meinung keinerlei Berührungspunkte mit den nordeuropäischen Sprachen, sondern eher mit Ungarisch und Russisch. Das Englisch-Niveau ist oft auch nicht ganz auf diesem unfassbar hohen seiner Nachbarn.

Die Reserviertheit und Ausdrucklosigkeit in den Gesichtern der Finnen kann schnell mit Ablehnung verwechselt werden, das ist es aber nicht. Das Lächeln eines Finnen wäre bei einem Mitteleuropäer bereits ein schallendes Lachen. Der Finne genügt sich selber.

Helsinki -Skyline

Seine Schwarzwald-Romantik hat Finnland in Porvoo. Was dem Schwarzwald die Kuckucksuhr ist dem Finnen das historische Porvoo, ganz in der Nähe von Helsinki. Rote Holzhäuschen, welche ursprünglich Lagerhäuser des ehemaligen Handelszentrums waren, stehen wie eine schiefe Filmkulisse am Fluss. Heute sind diese Holzhäuser bewohnt. Eine begehbare Puppenstube, alles ist schief und wirkt von Wind und Wetter gebogen. Klar, das hat Charme und zieht bei Touristen. Auch hier sind es wie im Schwarzwald vor allem Asiaten, die von der kopfsteingepflasterten Putzigkeit fasziniert sind.

Porvoo – das rote Künstlerstädtchen

Viele finnische Künstler, denen Helsinki zu „hektisch“ geworden ist, haben sich in Porvoo angesiedelt um dem Gras beim Wachsen zu zusehen. Viel los ist nämlich nicht gerade in der zweitältesten Stadt Finnlands. Das kleine Porvoo hat zudem 2 Gesichter. Puppenstube und Bausünden der 50ger Jahre. Nach dem WWII war Wohnraum knapp, das alte Porvoo wurde erhalten, aber um den Kern herum wurde schnell und humorlos gebaut. Das sorgt für einen starken Kontrast. Rot ist zwar die Farbe der Stadt und beider Stadtteile, aber der Bruch im Gesamtbild ist unübersehbar.

Selbst einer der bekanntesten Finnen, Kimi Räkkönen hat in der Nähe sein Wochenendhäuschen mit Sauna und Zugang zur See. Wer den Iceman in seiner Heimat erlebt, versteht diese stoische Ruhe und Unaufgeregtheit der Finnen. Unerschütterlich, geradlinig und sehr direkt. Die Welt könnte untergehen Kimi, der Finne würde seelenruhig den Gang der Dinge hinnehmen.

Wer in Finnland lebt, weiß dass die Natur über uns richtet und nicht andersherum. Die Stille der Landschaft macht den Besucher ebenfalls leise. Man wird zum Beobachter. Es ist eine Reise zu sich selbst, dieses unberührte Finnland. Eine natürliche, raue Schönheit.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert