Bogotá, Kolumbien – wie in eine grüne Arena gebettet

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Bogotá. Ein Name wie ein hingerotztes Wort. Ein Moloch, der sich nicht mehr bewegen kann. Man steht sich im Verkehr zu seinem Ziel. Trotz „Pica Placa“ – dem kolumbianischen Fahrverbot, aber nicht wegen der Abgase, nein. Viel mehr bedeutet Pica Placa – ein Fahrverbot für bestimmte Kennzeichen an bestimmten Tagen. Wir haben Dieselskandale und Fahrverbote 2018/19 – Kolumbien hatte das schon vor 15 Jahren. Wer ist hier also 3. Welt?!! Der tägliche Verkehrsinfarkt ist trotzdem nicht zu umgehen. Nur die Reichen können sich ein Auto leisten, wegen Pica Placa hat man davon gerne zwei oder drei, um das Verbot ganz entspannt zu umgehen. Der Rest sind Collectivos, Taxen und Busse, die Bogotá verstopfen.

Das Klima ganzjährig mild. Weder heiß noch kalt. Irgendwie im Mittelfeld feststeckend. Ein Land, welches alles andere als Mittelmaß ist. Bunt, südamerikanisch chaotisch, herzlich. Kolumbien hatte lange Jahre das Image eines verruchten Rotlichtviertels. Eine gefährliche Faszination, die sich heute in Netflix Dokus über den berühmtesten Kolumbianer aller Zeiten nährt. Pablo Escobar. Der Inbegriff eines Drogenbarons, der ein ganzes Land geschaltet hat, nach seinem Gusto.

Der Robin Hood Medellins ist heute Folklore, wie Ché Guevara bei den Kubanern. Die Amis haben die Kennedys. Die Deutschen Boris Becker. Argentinien Diego Maradonna. Helden, die immer Tragik mitbringen. Der unfassbare Erfolg, der Aufstieg in den Olymp. Göttergleich, geliebt, verehrt, gehasst. Ein Leben auf schmalstem Grad, weil Größenwahn, Genie und Einzigartigkeit verführerisch sind.

Alle Helden erleben bitterste Niederlagen. Beruflich und/oder privat. Grandioser Reichtum, grandioses Scheitern, Tragik durch Unfall, Mord oder Tod. Nimmt man Kolumbien ist diese ganze Spannbreite vereint in einer ganzen Nation.

In den 90ern waren Bombenanschlage Daily Business in Downtown Bogotá. Heute trauen sich Touristen in diese grandiose Arena, in der Bogotá liegt. Ein Moloch mit erstaunlich moderatem Klima, denn Bogotá kennt keine Jahreszeiten. Dabei hat dieses Land eine unvergleichbare Amplitude der Gegensätze. Karibik, Pazifik, Dschungel, Metropolen, südamerikanische Leichtigkeit und Verrücktheit. Der Europäer würde, ganz Technokrat, Kolumbien als unkonventionell bezeichnen. Locombia ist aber mehr als das, es ist bunt und verrückt.  

Kolumbien hat alles und manchmal auch ein bisschen mehr. Da findet man schon mal ein Gramm Koks auf der Rückbank des Taxis. Nachts bleibt keiner an roten Ampeln stehen und wenn einem nachts ein Auto folgt, gibt man einfach Gas. Das ist das Kolumbien für den kurzen Adrenalinkick.

Love Hotels am Stadtrand von Bogotá

Wer sich eine Kolumbianerin anlacht, der wird auch lernen, was ein Stundenhotel ist. Im offiziell sehr katholischen Kolumbien, kann die Tochter den Novio nicht einfach so mit nach Hause bringen. Also geht es in eines der vielen Love Hotels am Stadtrand. Diskretion ist das oberste Gebot. Stoßstange an Stoßstange steht man am Gate und wartet bis der Pförtner das Tor öffnet, per Sprechanlage bestellt man Zimmer, Ausstattung und Anzahl der Stunden. Der Pförtner weist den Weg zu einer Garage und schließt dieser hinter den Love birds diskret. Innen geht man dann direkt in seine gebuchte Suite mit Jakuzzi oder was auch immer. Zusätzliche Kondome gibt es per Menükarte, genauso wie den Zimmerservice fürs Essen, wenn man dies wünscht. Eine faszinierende Angelegenheit, man muss nur den Partner mitbringen, der Rest ist einzig und allein fürs große Ganze reserviert.

Heute sind Busfahrten in Kolumbien kein Problem mehr. Vor 15 Jahren hat es Gegenden in Kolumbien gegeben, die man als Gringo vermeiden sollte. Man ist eingestiegen, alle Vorhänge zu und Vollgas. Eine Straßenblockade hätte das Filzen des Busses bedeutet. Darin ein Gringo, das hätte oft schlechte Noticias bedeutet : plata o plomo. Geld oder Blei. Entspanntes Busfahren war das damals nicht.

Die Karibik ist ein Traum. Gerade in Kolumbien. Einsame Buchten, kristallklares Wasser, der Local der Dir den fangfrischen Fisch am Strand grillt. The living is easy and the sun is always shining. Cartagena hat sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot entwickelt. Bunte Chivas schaukeln durch die Gassen.

Insgesamt muss man sagen, Kolumbien hatte viele Jahrzehnte den Ruf eines abgehalfterten Bahnhofsviertels. Sicherlich war es das auch lange Zeit, aber Locombia ist eine Offenbarung für jeden Gast. Landschaftlich eine Wucht, Menschlich eine Bombe und Gesellschaftlich eine einzige Fiesta. Te quiero un montón, Locombia.

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